Das Mikrofon - "War das Absicht?"

Ein Moderations-Höhepunkt des Georg Faust

April 2002, Festkonzert zum 30-jährigen Jubiläum der 12 Cellisten im Salzburger Mozarteum. Auf dem Programm: Die Uraufführung von „Schampeng“ von Hans-Joachim Hespos, Auftragswerk der Salzburger Osterfestspiele.Vom Komponisten auch bezeichnet als „Geburtstags-Szenenmusike“. Teil der Komposition ist ein Auftritt, der planmäßig verunglückt: Die Musiker kommen auf die Bühne, aber nichts ist vorbereitet.

Also machen sie sich mit skurrilen, übertriebenen Gesten daran, ihre Notenpulte und Stühle selbst aufzubauen. Alles ist mit Hilfe von zwei Choreografen einstudiert worden. Sie stolpern, verrenken sich, machen allerhand Geräusche, lassen die Saiten knallen, geben Zisch-und Knurrlaute von sich, spielen dazwischen einen waschechten Tango, kratzen und schaben, unterhalten sich und kommentieren das Spiel. Am Ende schließlich ziehen sie Pistolen (hier scheitert Dietmar Schwalke, denn er bekommt seinen Revolver nicht aus der Hosentasche, das war allerdings nicht einstudiert!). Es wird munter in die Luft geschossen, weitere Personen betreten die Bühne, schütteln Champagner und lassen Korken knallen – eben „Schampeng“ zum dreißigsten. Das Publikum ist erheitert, es gibt starken Applaus, das Werk ist der Gesprächsstoff der anschließenden Konzertpause.

Der 2. Konzertteil beginnt. Unruhe am ersten Pult. Ludwig Quandt gestikuliert, steht auf und verlässt schulterzuckend die Bühne: keine Noten! Georg Faust denkt „Das wird dauern, ich sag’ derweil ein paar unterhaltende Worte“ und begibt sich zu einem auf der Bühne stehenden Mikrofon. Dies erweist sich als unwillig. Es sitzt fest in der Halterung des Ständers. Georg rüttelt und schüttelt, zieht mit einem kräftigen Ruck an dem widerspenstigen Teil – plopp, geschafft, er hält das Mikrofon in Händen. Leider ist das Kabel abgerissen. Gelächter im Saal. Schon kriecht er über den Boden, um das Kabelende zu finden. Georgs Mimik lässt Verzweiflung erkennen. Schließlich hat er das Kabel, er nestelt am Mikrofon, bis das Kabelende zum Mikrofonanfang passt, „kricks“, ja, es ist eingerastet! Er holt tief Luft und hebt gerade an, etwas zu sagen – als Ludwig Quandt die Bühne betritt, freudestrahlend mit seinen Noten wedelnd. Georg sieht’s, steckt mit leichter Hand das Mikrofon in den Ständer, und beide setzen sich schnell auf ihre Stühle. Riesengelächter im Publikum, Applaus.

Eine brillante Szene, die dem Opus von Hespos hätte entsprungen sein können. Merke: Nicht alles, was schief geht, ist von Hans-Joachim Hespos. Oder: Die besten Kompositionen schreibt manchmal das Leben selbst!